MA

in Japan

Harmonie, Ausgeglichenheit, Einfachheit, Zen, ...Nur einige Worte, die uns in den Sinn kommen, wenn wir über die japanische Kultur des "MA" sprechen. Minimalismus kann sehr überraschend sein. In Wahrheit ist es nämlich gerade der übrigbleibende negative Raum, der die Schönheit des Minimualismus erschafft. Diese Leere, die nicht wirklich leer ist, nennen die Japaner MA.

MA

in Japan

Harmonie, Ausgeglichenheit, Einfachheit, Zen, ...Nur einige Worte, die uns in den Sinn kommen, wenn wir über die japanische Kultur des "MA" sprechen. Minimalismus kann sehr überraschend sein. In Wahrheit ist es nämlich gerade der übrigbleibende negative Raum, der die Schönheit des Minimualismus erschafft. Diese Leere, die nicht wirklich leer ist, nennen die Japaner MA.

„MA“, das Gleichgewicht zwischen Allem

Während der Begriff MA speziell in der japanischen Ästhetik- und Kunstszene bekannt ist, ist es ebenso wichtig zu verstehen, wie er menschliche Beziehungen und die japanische Kultur beeinflusst.

Als MA wird der Raum zwischen zwei Dingen verstanden, jedoch nicht als eine trennende Leere, sondern als eine Verbindung.
Sehen wir uns einige Beispiele an, um dies klarer zu verstehen.

Die Tee-Zeremonie

In japanischen Teezeremonien hat jede Tasse, jede Kanne und jedes Utensil seinen festen Platz. Dies folgt sehr komplexen Regeln. Die Fläche wird durch imaginäre Linien geteilt, innerhalb derer die Objekte arrangiert werden. Die wertvollsten Objekte dabei entlang der zentralen Linie zu platzieren, gilt als wichtige Regeln, doch darf dabei nicht genau die Mittellinie gewählt werden. Diese Lücke, diese Leere, die hier geschaffen wird, ist das MA.

Es ist nicht die Abwesenheit von etwas, sondern geradezu das Herzstück der Dinge.

Dieser Begriff findet sich in Architektur, Kalligrafie und sogar im Arrangement von Blumen. MA ist nicht einfach ein Raumkonzept. Es ist genauso ein Zeitintervall. Im Noh Theater, dem traditionellen japanischen Theater, finden wir es als Spannungsbogen zwischen zwei Nachbeben, als Pausen, welche die Schauspieler voneinander unterscheiden. Aber noch einmal: es sollte nicht als Mangel oder Abwesenheit verstanden werden. Im Gegenteil: es gibt den Rhythmus vor.

Der Raum des „MA“, eine anmutige Verschiebung

Jedoch ist MA keine feste Größe. Im klassischen japanischen Tanz wird es hochgeachtet, wenn die Tänzer nicht exakt dem Tempo folgen. Ein wahrer Meister ist in der Lage, mit Zeiten und Rückschritten zu spielen und damit eine anmutig wirkende Verschiebung zu kreieren. Inmitten dieser subtilen Variationen existiert MA – manchmal eine Sache von Timing, manchmal eine räumliche Verlagerung – und manchmal auch eine Mischung aus beidem. Doch welchen Stellenwert hat es in den Einstellungen und menschlichen Beziehungen der Japaner?

Jedes Individuum ist gezwungen, sich soziales Verhalten eigen zu machen. Es geht beispielsweise um Selbstkontrolle, um sich keiner Scham auszusetzen, bis zu einem Grad, an dem die Fähigkeit, sich angemessen zu verhalten, ins eigene Wesen übergeht. In Japan herrscht die Logik von Gruppen und sozialen Kreisen vor. Zwischen uchi und soto gibt es seken; die Menschen, die weder Verwandte, noch Fremde sind. Um sich ihnen gegenüber angemessen zu verhalten, ist es wichtig, dem anderen weder zu nahezutreten noch sich zu distanziert zu verhalten und daher dem Abstand, dem MA, zwischen sich selbst und anderen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Somit findet sich dieses Konzept selbst im Kern zwischenmenschlicher Beziehungen.

MA

Das japanische Konzept MA ist etwas, das sich auf alle Aspekte des Lebens bezieht. Es wurde beschrieben als eine zeitliche Pause, ein Intervall oder Leere im Raum. MA ist die fundamentale Zeit und der Raum, den das Leben benötigt, um zu gedeihen. Wenn wir keine Zeit haben, wenn unser Raum beschränkt ist, können wir nicht wachsen. Wie wir unsere Zeit nutzen und den Raum gestalten, in dem wir leben, schlägt sich direkt auf unsere Entwicklung nieder. Diese Prinzipien sind universal. Werden sie effektiv angewendet, verbessern sie die Art wie wir denken und wie wir mit unserer Umgebung interagieren.

Visuell lässt sich die Bedeutung von MA mit japanischen Kanji-Symbolen darstellen.

MA kombiniert die Tür und die Sonne

Zusammen stellen die beiden Zeichen einen Türspalt dar, durch welchen das Sonnenlicht einfällt.

In diesem Symbol sehen wir nicht nur den Umriss einer Tür, sondern eine Tür, die sich zum Sonnenlicht hin öffnet, um somit Wachstum zu ermöglichen, Kreativität zu wecken und Freiheit zuzulassen. Das ist MA – der Raum zwischen den Begrenzungen, zwischen Anfang und Ende, Raum und Zeit, in denen wir das Leben wahrnehmen.

MA ist voller Energie und Gefühlen. Es zeugt von Stille im Gegensatz zu Ton, von Mangel im Gegensatz zur Fülle. Es ist die kurze Pause, die unsere Sprache benötigt, um bedeutungsvolle Worte zu vermitteln, die Stille zwischen den Noten, die die Musik entstehen lässt…

Es gibt ein Bedürfnis für MA in jedem Aspekt und an jedem Tag unseres Lebens.

Alan Fletcher, einer der einflussreichsten britischen Grafikdesigner nach dem Zweiten Weltkrieg, bezieht sich in seinem Buch „The Art of Looking Sideways“ auf MA:

„Raum ist Substanz. Cézanne malte und modellierte Raum. Giacometti schuf Skulpturen, indem er „dem Raum sein Fett entnahm“. Mallarmé verfasste Poesie sowohl mit Abwesenheiten als auch mit Worten. Ralph Richardson behauptete, dass das Handeln in den Pausen liege… Isaac Stern beschrieb Musik als „das kleine Bisschen zwischen jeder Note – Stille, die formt“… Die Japaner haben ein Wort (MA) für dieses Intervall, das dem Ganzen seine Form verleiht.
Im Westen haben wir weder ein Wort noch einen Begriff dafür.
Eine schlimme Unterlassung.“

MA in der japanischen Kultur

Nirgendwo ist MA deutlicher sichtbar als in Japan, nachdem sich alle Japaner bereit dazu fühlten, dem Konzept einen Namen zu geben. Ästhetische Werte sind im Mindset dieses Volkes kulturell tief verwurzelt, verwoben mit dem täglichen Leben. Entscheidungen werden gewissenhaft überlegt, niemals übereilt getroffen. Zeit und Raum zur Überlegung werden immer in Betracht gezogen. Intuition und Gefühle entscheiden häufig stärker über das Ergebnis von Taten als Logik und Vernunft.

Ein landläufiges Beispiel für MA lässt sich in der respektvollen japanischen Verbeugung erkennen. Am Ende einer Verbeugung wird eine absichtliche Pause gesetzt, bevor man sich wieder aufrichtet – nur aus dem Grund sicherzugehen, dass ausreichend „MA“ vorhanden ist, um ein Gefühl zu vermitteln.

Ein weiteres Beispiel wäre die leise Pause im Gespräch. Die japanische Art zu kommunizieren ist voll von Leere, viele Elemente von Sätzen bleiben häufig unausgesprochen. Klarheit durch Worte ist nicht immer notwendig; ein intuitives Verständnis durch eine leise Pause zu erreichen hingegen wird als hochintelligent und anspruchsvoll angesehen.

Dies steht im Gegensatz zur viel direkteren westlichen Art der Kommunikation. Insbesondere in den USA, wo nichts der Spekulation überlassen werden sollte und in Gesprächen die Peinlichkeit von Pausen tunlichst vermieden wird.

In Japan werden aufmerksames Zuhören und nachdenkliches Beobachten weit mehr geschätzt als eine Meinung zum Ausdruck zu bringen oder nur zu reden, um eine unangenehme Stille zu überbrücken. Tatsächlich wird Stille überhaupt nicht als unangenehm empfunden. Zeiten der Ruhe sind notwendig, um Denken wirklich zuzulassen und die Qualität einer Erfahrung nachzufühlen. Die Aufrichtigkeit von Gefühlen wird häufig durch stille Gesten deutlich effektiver vermittelt.

Im japanischen Kulturkreis ist MA ein Gefühl für den Ort im Verhältnis zum Ganzen, oftmals demonstriert in Gesten oder geläufigen Phrasen. So wird Ma-nuke, was Idiot bedeutet, wortwörtlich übersetzt mit „jemand mit einem Mangel an MA“. Der Begriff für ein menschliches Wesen vereint die Kanji-Symbole für „Person“ und „Ort“ nin-gen (人間) Wir können sehen, dass eine Person eher als Teil des größeren Ganzen als separat davon betrachtet wird. Die westliche Perspektive weist vielfach Unterschiede dazu auf. Sie tendiert dazu, den Menschen als in sich geschlossenes, unteilbares Ganzes zu sehen, das zu erzogen werden sollte, sich selbst von jedem anderen unterscheidbar zu machen. Diese zwei gesell-schaftlichen Ideale stehen in klarem Gegensatz zueinander und werden häufig missverstanden.

MA in der traditionellen Kunst

Das Noh Theater wird als die höchste künstlerische Ausdrucksform von MA angesehen. Es kombiniert alle Aspekte in einer einzigen, fein abgestimmten Darbietung. Senu takoro ga omoshiroki ist ein Ausdruck, den die Japaner benutzen, um das Noh Theater zu beschreiben. Er bedeutet: Was der Schauspieler nicht tut, ist von Interesse. Noh verkörpert die dynamische Balance zwischen Objekten und dem Raum, Aktion und Untätigkeit, Ton und Stille, Bewegung und Ruhe. Isao Tsujimoto, der einstige Direktor der Japan Stiftung New York spricht über das Konzept von MA als einen intrinsischen Sinn innerhalb der japanischen Kultur, der sich in allen Aspekten des Lebens zeigt, von der Kunst bis hin zu alltäglichen Konversationen.

In der Kunstform Ikebana nimmt der Raum die Rolle einer essenziellen Komponente ein und ist häufig der Mittelpunkt des Kunstwerks bzw. des Arrangements. Er wird als „unsichtbare Energie“ angesehen, die der Gestalt Leben verleiht. Der Raum mit Bedacht durch die Platzierung von Materialien gestaltet. Verschiedene Arrangements übertreffen sich gegenseitig durch die Gestaltung eines einzigartigen Zusammenspiels zwischen den beiden Elementen.

Wenn wir uns Ikebana ansehen, sind wir geradezu dazu angehalten, einen Schritt zurückzutreten, um das Ganze als solches zu schätzen. Erst dann bemerken wir die zarte Interaktion zwischen allen Teilen. In einer Zeit steigender Bedürfnisse, die rasche Reaktionen erfordern, erinnert uns Ikebana daran, die Geschwindigkeit zu verlangsamen, unsere Zeit und unseren Raum nicht mit Dingen zu füllen, sondern mit Bedeutung und Sinn.

In der japanischen Poesie empfiehlt das MA eine zeitliche Pause – sie trägt den Geist zu dem Moment, der den Poeten inspirierte, um uns nahezulegen, diesen Moment zu betrachten, ihn für uns selbst wahrzunehmen. Der Begriff ko-no-ma z. B., der „zwischen Bäumen“ suggeriert eine lebendige Szene, während der Moment gleichzeitig auch für individuelle Interpretation offen ist.

In der Kunst des sumi-e Brush Painting bleiben große Flächen absichtlich unbemalt. Das Können liegt hierbei nicht nur in der Gabe, die Symbole zu gestalten, sondern auch im Verhältnis zwischen Form und Nicht-Form. Die Dimension von Zeit ist der Schlüssel, um die sumi-e Kunst wertschätzen zu können. Spuren von Bewegungen und die Geschwindigkeit des Pinsels werden als Kennzeichnungen eines zeitlichen Rhythmus wahrgenommen. Große leere Flächen verstärken die Energie zwischen jedem einzelnen Pinselstrich.

MA in der Architektur

In seinem architektonischen Kontext bezieht sich MA auf die Dimension des Raumes zwischen tragenden Säulen eines Innenraums. Der Grundriss ist absichtlich so gestaltet, sodass leerer Raum eingefasst wird – Energie, gefüllt mit Möglichkeiten.

Das traditionelle Teehaus ist ein vollkommenes Beispiel für MA im Architekturdesign. Es gibt keine dekorativen Elemente oder Verzierungen. Die tragenden Wände allein bilden die Grundlage, damit sich Leben entfalten kann. Die Leere im Innenraum unterstützt dabei, die vorüberziehenden, vergänglichen Erfahrungen wertzuschätzen – das temporäre Sammeln von Menschen und Objekten. Dies ist ein wunderbarer Weg, um in sich zu blicken, frei von materiellen Anhängseln. Die Wände sind lediglich Wände. Es ist das Leben, das den Raum einnimmt.

2014 veranstaltete die Royal Academy of Arts in London eine Eventreihe mit groß dimensionierten Indoor-Installationen, die sich um das Konzept MA drehten. Der japanische Architekt Kengo Kuma nutze gemeinsam mit einigen anderen der kreativsten architektonischen Köpfe aus der ganzen Welt Raum und Licht, um für die Betrachter Bereiche der Sinneserfahrung zu schaffen.

Als philosophisches Konzept bezieht sich MA auf unser intrinsisches Bedürfnis, als menschliche Wesen nach etwas zu streben und das Leben mit unserer Person zu identifizieren. MA ist der Raum, in dem wir existieren, der Raum, aus dem wir kommen und aus dem wir uns entwickeln werden – Es beginnt bedeutungslos – die Bedeutung wird erst von uns gegeben.

Der Reiseschriftsteller Pico Iyer spricht in seinem eindrucksvollen und wunderbar präsentierten TED Talk – The Art of Stillness –  von der Relevanz, sich Zeit zu nehmen, um die Bedeutung durch Stille zu erforschen.

MA – in deinem Leben

Einer der Schlüsselaspekte, den wir uns aus dem Konzept MA mitnehmen sollten, ist, sich selbst Zeit und Raum zu geben, einen Schritt zurück zu machen und eine 360-Grad-Sicht einzunehmen. Dies führt nicht nur zu innerem Wachstum und Fortschritt als Individuum, sondern erinnert uns auch daran, dass unsere Handlungen eine Rolle dabei spielen, die Welt zu gestalten, die wir alle miteinander teilen. Es ist viel zu einfach, sich in all den unwichtigen Ablenkungen zu verlieren, die uns vom Kurs abbringen und uns daran hindern, wirklich für uns selbst zu denken oder führen uns maximal dazu, über uns selbst nachzudenken. Das Leben beginnt für uns alle in derselben Bedeutungslosigkeit – wir haben die Macht, unsere Zeit und unseren Raum mit einem bleibenden Sinn zu formen. Dort werden wir schlussendlich auch Erfüllung finden.

Donna Canning
Ikebana Künstlerin

MA – Gedanken über den Raum dazwischen

Ein Artikel von Tom Mc Callum

MA ist einer der vier japanischen Begriffe für Raum. Raum als ein Konzept, das gefühlt weit mehr im Mittelpunkt der japanischen Kultur steht als das im Westen der Fall ist.

Heute ist Freitag, der 4. Januar und es fühlt sich für mich an wie ein „Raum dazwischen“, wenn die Menschen beginnen, sich nach den Feiertagen wieder geistig auf die Arbeit einzustellen. Dennoch kann es sich weiterhin anfühlen wie der „Raum dazwischen“.

Gerade noch dachte ich über diesen Freiraum nach und durfte dann, bevor ich diese Zeilen schrieb, von einem Kunden lernen, wie sich dieser zum Vorteil für einen selbst und auch geschäftlich nutzen lässt.

Hier meine drei heutigen Gedanken dazu:

  1. Zunächst einige Gedanken meines Freunds und Kollegen Alan Moore zu „MA“.
  2. Dann ein Artikel über die vier unterschiedlichen Perspektiven der Japaner auf Raum.
  3. Zuletzt meine eigenen Gedanken zum „Raum dazwischen“ aus einem früheren Artikel von mir.

Was ich nach diesen Gedanken schlussendlich aus einem Gespräch mit einem Kunden diese Woche lernte, war ein Beispiel dafür, den Raum dazwischen wahrzunehmen und auch zu nutzen.

„MA“ Der Raum zwischen allem

(wiederveröffentlichter Artikel von Alan Moore)

Kürzlich las ich das faszinierende Buch Verlorenes Japan von Alex Kerr. Es war einer dieser glücklichen Zufälle, dass es mir im Buchladen um die Ecke in die Hände fiel. Was für ein Buch über ein solch außergewöhnliches Leben. Es ist das Konzept von Mathat, das meine Neugier schürt.

Kerr erklärt „MA“ – der besondere Anspruch japanischer Musik liegt nahezu vollständig in ihren Rhythmen, die feine Variationen und Verzögerungen zwischen den Noten beinhalten und als MA (Räume) bekannt sind. Er schreibt, „MA ist alles“.

MA (ausgesprochen „maah“) – ist die reine und tatsächlich essenzielle Leere zwischen allen Dingen. Es ist die Essenz japanischer Ästhetik, die DNA ihrer Designprinzipien. MA bezeichnet allen Raum, in dem Potenzial gespeichert liegt. Im traditionellen japanischen Theater Kabuki wird es intuitiv praktiziert. MA liegt in den bewussten Pausen in Wortbeiträgen, durch die bestimmte Worte hervorstechen. Es liegt in der Ruhe, die wir alle benötigen, um unseren geschäftigen Leben Bedeutung zu geben und es ist die Stille zwischen den Noten, die die Musik macht. MA ist inspiriert von der Natur. Ein Kabuki-Schauspieler sagte zu Kerr „Warst du jemals in den Bergen und hast dem Kuckuck gelauscht? Er singt Kuckuck, Kuckuck, mit der kleinstmöglichen Pause zwischen den Silben. Er macht nicht Kuku Kuku wie ein Metronom.“

MA erscheint mir eine wunderschön organisierende Idee.

Die Poesie bezog sich auf das Leben, die Kreation, das Tun, alles, was wir uns vorstellen können. Beim Design mit MA starten wir immer komplett von Null. Mit wie viel Zeug füllen wir die Leere? Es ist der Raum, der das Erleben formt, sei es materiell, physisch, sinnlich oder spirituell.

Ich wendete diese Idee an, als ich Bücher gestaltete und natürlich nutze ich MA selbst beim Design von Produkten und Dienstleistungen. Vielleicht sollten wir das Konzept MA genau bei den Dingen anwenden, die wir in diese Welt bringen möchten. So könnten wir dauerhaft schöne, wertvolle Dinge erschaffen.

Ein Gedicht über MA

Dreißig Speichen treffen sich in der Nabe,
auch wenn der Raum zwischen ihnen die Essenz des Rades ausmacht.
Töpfe sind aus Lehm gemacht,
doch der Raum in ihnen ist, was einen Topf ausmacht.
Wände mit Fenstern und Türen formen das Haus,
doch der Raum dazwischen ist die Essenz des Hauses.

Die japanischen Begriffe für „Raum“ könnten vollkommen verändern, wie wir die Welt wahrnehmen.

Die Japaner kennen mindestens vier unterschiedliche Worte für „Raum“. Die meisten von ihnen unterscheiden sich deutlich von ihrem deutschen Äquivalent.

Anstatt die erbaute Umwelt zu beschreiben, konzentrieren sich die japanischen Worte für Raum auf die Interaktionen und Beziehungen zwischen Menschen. Jeder dieser vier Begriffe, die einen Aspekt von Raum widerspiegeln, liefert jeder eine andere Perspektive auf zwischenmenschliche Beziehungen und jeder ist potenziell nützlich in Anbetracht der Räume, die wir alle erschaffen und nutzen.

Wa wird häufig mit Harmonie übersetzt, doch das ist nicht zu 100 % korrekt. Wa ist das Bewusstsein über zwischenmenschliche Verbindungen und wird häufig mit Begriffen sich bewegender Luft beschrieben. Jeder Raum weist eine bestimmte Qualität auf, die Einfluss auf die Beziehungen haben, die sich dort formen. Wa erkennt an, dass Beziehungen vom Raum, in dem sie stattfinden, beeinflusst sind.

Ba handelt von der Anordnung von Elementen, um Verbindungen zu schaffen, die besser dazu geeignet sind, neues Wissen und Erfahrungen zu produzieren. Während sich wa auf Beziehungen fokussiert, geht es beim ba darum, wie Wissen zustande kommt und geteilt wird. Wenn es beim wa um soziale und zwischenmenschliche Harmonie geht, geht es beim ba darum, sicherzustellen, dass menschliches Wissen und menschliche Erfahrungen einem guten Nutzen zugeführt werden können.

Tokoro wird verwendet, um den Ort oder Platz einer Sache zu beschreiben, doch es wird auch genutzt, um einen Wesenszustand zu erklären. In Japan ist jeder Ort untrennbar mit seinen historischen, kulturellen, sozialen und anderen Aspekten verbunden. Daher liegt tokoro immer der Bezug zu seinem Kontext zugrunde, da der Ort unvermeidbar mit allen Aktivitäten um ihn herum verbunden ist.

MA wird häufig mit negativer Raum übersetzt. Jedoch lässt sich MA besser als freier Bereich verstehen, der es gegensätzlichen Elementen erlaubt, nebeneinander zu koexistieren. Wenn wir etwas kommunizieren, nehmen wir an, dass das Gegenüber die Botschaft empfängt und genauso versteht, wie wir es beabsichtigt haben. Das ist jedoch häufig nicht der Fall. Wenn ich sage „ich bin hungrig“, versteht dies mein Gegenüber womöglich als eine Information, als einen Befehl, mich zu füttern, als eine Beleidigung seiner gastgeberischen Fähigkeiten oder etwas komplett anderes.

Das japanische Konzept von MA legt nahe, dass wir Unterbrechungen und Abwesenheiten brauchen, die es erlauben, Unterschiedlichkeiten auszugleichen. Design nach MA bedeutet, Momente des Bewusstwerdens und der Ruhe zu kreieren.

Ich liebe die Ideen in dem Artikel und im Speziellen rund um MA, rund um das Erschaffen von Momenten des Bewusstwerdens und der Ruhe und im Sinne des Artikels über MA, es unähnlichen Dingen zu erlauben, nebeneinander zu existieren. Für mich hört sich das nach Empathie und Verständnis an, um die Tiefe von Beziehungen zu verstärken und es Chancen zu erlauben, sich aufzutun.

Ich liebe die Ideen in dem Artikel und im Speziellen rund um MA, rund um das Erschaffen von Momenten des Bewusstwerdens und der Ruhe und im Sinne des Artikels über MA, es unähnlichen Dingen zu erlauben, nebeneinander zu existieren. Für mich hört sich das nach Empathie und Verständnis an, um die Tiefe von Beziehungen zu verstärken und es Chancen zu erlauben, sich aufzutun.

Weniger ist mehr

Im Beisein einer anderen Person, sprich weniger, höre mehr zu. Beim Schaffen der Musik spielt der Virtuose weniger, drückt aber mehr aus.
Indem wir das Zuhören üben, können wir tiefer und tiefer gehen und mehr lernen, was von höherem Nutzen ist. Der französische Komponist Debussy sagte einst: “La musique, c’est ce qu’il y a entre les notes”. Was zu Deutsch bedeutet: „Musik ist der Raum zwischen den Noten“. Noch genauer gesagt meint der Ausspruch in Französisch: „Musik ist, was sich zwischen den Noten befindet“.
Und dieser spezielle Artikel geht noch weiter, indem er die Geschichte hinter einem der großartigsten und seltensten Gitarrensolos aller Seiten beleuchtet. Das von Stevie Ray Vaughn, der seine Virtuosität auf Let´s Dance von David Bowie reduziert. Indem er Raum schuf, erkannte er die Chance, etwas wirklich Spezielles zu erzeugen, anstatt den Raum lediglich mit Noten zu füllen.
Nun zum Schluss.

Mutige Gelegenheiten

Während ich diese Zeilen im „Zeitraum dazwischen“ schreibe kurz vor dem Beginn der Arbeit Anfang Januar und der Ernst des Lebens am Montag, dem 7. Januar wieder beginnt, hatte ich vor einigen Stunden ein Telefonat mit einem Stammkunden.

Wir nutzten die Zeit in diesem Raum dazwischen, um einen Blick darauf zu werfen, was sie als „mutige Gelegenheiten“ bezeichnen, das in ihrem Unternehmen unter die sogenannten „Einwortthemen“ ihres Geschäfts mit „strategischem Wachstum“ fällt. (okay, zwei Worte, aber nahe dran!) (siehe den Artikel von vor einigen Tagen)
Dieser Kunde, der in der Geschäftsführung sitzt, hat sein Unternehmen in eine Position gebracht, in der alles Notwendige bereits erledigt wurde, um das Geschäftsjahr abzuschließen. So können sie sich Zeit nehmen, um eine Pause in den ersten Arbeitstagen im neuen Jahr einzulegen und einen Blick darauf zu werfen, wo sie das Unternehmen dieses Jahr gerne hinbringen möchten. Es sind nur die ersten Tage des Jahres, doch es fühlt sich für mich als deren langjähriger Sparringpartner und Coach so an, als ob diese Idee der „mutigen Gelegenheit“ möglicherweise langfristig mehr zum Florieren ihres Unternehmens beiträgt als irgendeine andere einzelne Entscheidung, die sie in vielen, vielen Jahren gefällt haben.

Meine Überzeugung ist, dass dies nur aufgrund all der Arbeit geschehen konnte, die sie in den letzten Jahren in und rund um ihr Unternehmen geleistet haben. Arbeit, die nun gleichbedeutend ist dafür, dass sie diesmal tatsächlich ihr eigenes „MA“ erschaffen haben. Der Raum dazwischen, der Raum des Bewusstseins und der Ruhe, aus dem mutige Gelegenheiten erwachsen und tatsächlich soeben zutage getreten sind.